BSM3632 Brauereichef


Anmeldungsdatum: 06.11.2006 Beiträge: 4267 Wohnort: Zerf
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Verfasst am: 14.01.2007 14:49 Titel: Eine bierernste Angelegenheit |
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Eine bierernste Angelegenheit
Bamberg und Umgebung glänzen mit der größten Brauereidichte der Welt/Stollen als Lagerkeller
Wenigstens zwei Jubiläen gäbe es 2007 in Bamberg zu feiern: die Gründung des Bistums vor 1000 Jahren sowie das Ende des Bierkrieges am 7. Oktober 1907. Als die Bamberger Brauereien beschlossen, den Preis für den halben Liter Bier von zehn auf elf Pfennige heraufzusetzen, verweigerten zwei launige Gastwirte die Gefolgschaft und orderten stattdessen den billigeren Gerstensaft aus dem nahen Forchheim. Für diese beherzte Tat erhielten ihre Schankstuben großen Zulauf aus der Bamberger Bevölkerung. Der Streik muss die Bamberger Bierbrauer in Katerstimmung versetzt haben, denn nach einer Woche schon wurde die Preiserhöhung rückgängig gemacht.
Zu der Zeit gab es in Bamberg noch über 30 Brauereien, die rund 40000 Bürger mit Bier versorgten. Heute sind es immerhin noch neun Brauereien, und zusammen mit dem Umland weist die Region die größte Brauereidichte der Welt auf. In diesem Teil Frankens also triumphiert der Bierseidel über den Bocksbeutel. Der Pro-Kopf-Verbrauch in der 70000 Einwohner zählenden Stadt liegt bei 280 Litern Bier im Jahr.
Acht bis zehn Biere am Abend - das sei eigentlich nichts Be-sonderes, verrät ein Gast im "Schlenkerla", Urquell des be-rühmt-berüchtigten Rauchbieres. Für diese Bamberger Spezialität wird das Grünmalz nicht mit Heißluft, sondern über offenem Buchenholzfeuer getrocknet. Als kräftig rauch- und malz-aromatisch, herbwürzig, milddezent und vollmundig mit markantem Ausklang wird das Bier beschrieben. Aber eigentlich riecht es nach geräuchertem Schinken. Ein wenig gewöhnungsbedürftig sei das Rauchbier schon, bestätigt der Gast bierernst. Doch ab dem dritten "Seidla" werde es richtig süffig. Sagt es, leert den Krug und legt ihn auf den Tisch. Die aufmerksame Bedienung weiß nun, dass es ihm nach einem weiteren gelüstet und wird schnell Abhilfe schaffen.
Bamberg hat nicht nur ein Weltkulturerbe der Unesco zu verwalten, sondern auch ein Bierkulturerbe, und die Brauereigaststätten sind Teil des historischen Stadtbildes. In der Tourismuszentrale wurden daher Bierschmecker-Touren zusammengebraut, um den Besuchern diesen wichtigen Aspekt nahe zu bringen. Das älteste bestehende Brauhaus in Bamberg ist das "Klosterbräu", einst im Besitz der Fürstbischöfe. In den altehrwürdigen Gemäuern wird schon seit 1533 Bier gebraut.
Das Begleitheft empfiehlt, bei der Bierverkostung im "Grei-fenklau" zu beginnen, "solange die Kräfte noch frisch und un-verbraucht sind". Es geht nämlich den Kaulberg hinauf, einer von sieben Hügeln, auf denen Bamberg gebaut wurde. Im "Greifenklau", seit 1719 am Laurenziplatz ansässig, kann man sich nach dem Aufstieg bei einer deftigen Brotzeit stärken. Die Brauerei-Gaststätte besticht vor allem mit dem großen Biergarten und der Aussicht zur Altenburg, der einst bischöflichen Residenz. Bei schönem Wetter sitzt man draußen auf dem Keller. Typisch für Bamberg. Die Stollen nämlich, die im Mittelalter in die "Berge" getrieben wurden, um Scheuersand abzubauen, sollten sich später als optimale Lagerkeller für untergäriges Bier erweisen. Da lag es nahe, gleich an Ort und Stelle auszuschenken und sich umständliche Transportwege zu ersparen. Um 1900 herum spielte sich das gesellschaftliche Leben Bambergs über den Kellern ab. Ganze Familien unternahmen nach dem sonntäglichen Kirchgang einen Ausflug zu den Brauereien, setzten sich unter die Linden und Kastanien, lauschten den Musikkapellen, die von den Wirtsleuten angeheuert wurden, und ließen den lieben Gott einen guten Mann sein.
Der Domberg ist naturgemäß eine kneipenfreie Zone und nur zur inneren Einkehr geeignet. Im Dom selbst gucken die meisten nach oben, um das Standbild des Bamberger Reiters zu bewundern. Gleich daneben sorgt das prächtige Hochgrab des Bistumsgründers Kaiser Heinrich II. und seiner Frau Kunigunde für Aufmerksamkeit - ein Werk Tilman Riemenschneiders aus dem Jahre 1513. Gegenüber vom Rosengarten der Neuen Residenz schaut man auf den Michaelsberg - womit wir wieder beim Thema wären. Im Jahre 1122 verlieh Bischof Otto von Bamberg den Benediktinermönchen des Klosters St. Michael das Braurecht. "Hopfen und Malz, Gott erhalt´s" mag er sich dabei gedacht haben. Heute ist in den Gewölben von St. Michael, der ältesten beurkundeten Braustätte Bambergs, das Fränkische Brauereimuseum untergebracht. Von April bis Ende Oktober hat es geöffnet.
Vom Domplatz mündet die steile Treppe des Katzenbergs in die Dominikanerstraße. Von dort ist es auch nur ein Katzensprung zur Fischersiedlung Klein Venedig am Ufer der Regnitz und zum Alten Rathaus, das im 14. Jahrhundert mitten in den Fluss gebaut wurde. Doch zunächst sind in der Dominikanerstraße weitere Biere zu verkosten. Zum einen in der Gaststube des "Ambräusianum", der jüngsten und kleinsten Brauerei. Der Inhaber Ambros Mahr ist Spross einer alteingesessenen Likörfabrikan-ten-Familie. Ein weiterer Gutschein kann zwei Häuser weiter im schon erwähnten "Schlenkerla" eingelöst werden. Das Brauhaus gibt es seit 1678. Die zwei Räume unter dem Kreuzgewölbe gehörten zu einem Dominikanerkloster, das sich an dieser Stelle befand. Der Name des Etablissements übrigens spricht für den Humor eines vormaligen Gastwirtes. Der hatte sich beim Fass-Abladen das Bein verletzt. Der auffällig schlenkernde Gang infolge der Gehbehinderung brachte ihm den Spitznamen ein.
Rechts der Regnitz geht es nicht minder bierselig zu. Schon sonntagmorgens ab 9 Uhr füllt sich die Gaststube der Brauerei "Spezial" in der Oberen Königstraße zum Frühschoppen an blank gescheuerten Tischen. Wenn der Gast dort "a U" bestellt, heißt das nicht zwangsläufig, dass er nicht mehr zu sprechen vermag. Diese Vokale stehen für "ein Ungespundetes" - Bier, das seine Nachgärung in unverschlossenen Lagertanks beziehungsweise im Fass ohne Spund vollzieht. Dieses kohlensäurearme Getränk wird unfiltriert gezapft und soll sehr bekömmlich sein. Den Durst löscht es auf jeden Fall. Elke Sturmhoebel
Informationen: Die BierschmeckerTour kostet 20 Euro. Im Preis enthalten sind ein Rucksack mit Glaskrug und Bierdeckel-Sortiment, eine Broschüre mit Beschreibung der Brauereien und ihren Bierspezialitäten sowie fünf Gutscheine zur Bierverkostung, wahlweise rechts oder links der Regnitz.
Quelle: www.wormser-zeitung.de vom 13.01.2007
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